Samstag, 7. April 2012

Flucht

Tränen schossen ihr in die Augen als sie ihm beim Schlafen zu sah. Sogar im Schlaf war er noch angespannt. Es war ein harter Tag für sie beide gewesen. Man hatte sie gefunden. Sie hatte nicht genug acht gegeben, hatte sich in ihrem Glück zu sicher gefühlt. Die Wächter verfolgten die beiden. Unsichtbar für die Menschen, jedoch sichtbar für sie. Und sie waren schnell, schneller als sie, da sie flogen. Sie hingegen war durch Mo an den Boden gebunden. Es gab nur einen Weg die Wächter abzuhängen. Indem sie die U-Bahn nahmen. Unter der Erde konnten sie nicht mehr fliegen und mussten ebenfalls ihre Füße nutzen.
Jedoch konnte man die Wächter nicht täuschen und es war unglaublich schwer sie im Gewirr der Bahnen abzuhängen.
Aber sie hatten es geschafft. Weil sie Magie benutzt hatte.
Und nun würde sie ständig auf der Flucht sein. Es gab keinen Weg ihre Seele von den Spuren der Magie zu befreien, die für die Wächter so hell strahlten wie ein Signalfeuer.
Sie wollten ihre Seele.
  Und nun würde sie ihre Spur direkt zu Mos Wohnung führen. Aber sie hatte alle möglichen Zauber angewendet um Mo zu schützen.
Aber das war nicht genug, sie brauchte Gewissheit. Und deshalb würde sie warten bis sie kommen würden und würde sie von Mo ablenken.
Mo. Es tat ihr unsagbar Leid, dass sie ihn damit hineingezogen hatte.
  Sie wusste, dass sie
keine enge Beziehung zu einem Menschen hätte aufbauen sollen.
Aber Mo hatte ihr einfach schlichtweg den Verstand benebelt, ihr den Atem geraubt und sie hatte ihm ihr Herz geschenkt. Und er ihr seins.
Langsam kniete sie vor dem kleinen Bett nieder, darum bemüht keinen Mucks zu machen der ihn wecken könnte.
Eine verirrte Strähne hing in seiner Stirn und verfing sich in seinen langen, dunklen Wimpern.
  Ihre Finger zitterten als sie sie wegstrich. Hastig zog sie ihre Hand zurück, aus Angst, dass sie ihn weckte.
Tränen flossen in Strömen ihre Wange hinunter und tropften von ihrem Kinn auf ihren Umhang.
Sie nahm einen Zettel, sie konnte ihn nicht in völliger Ungewissheit zurücklassen.



Mein Liebster, Mo,
ich muss gehen. Meine Welt ist zu gefährlich für dich. Ich werde dafür sorgen, dass du fürs Erste in Sicherheit bist. Such dir eine neue Wohnung, zieh bei Nick ein.
Aber bleibe nicht hier, denn wenn du das tust ist das dein Ende.
Es tut mir Leid. Es ist alles meine Schuld. Ich hätte besser aufpassen müssen. Hätte gar nicht erst zulassen dürfen, dass wir uns so nah kommen.
Aber dann hätte ich dich nicht so kennengelernt, dann hätte ich dich nicht von ganzen Herzen geliebt.
Danke für deine Liebe.
Ich werde dich nie vergessen.
Mein Herz lasse ich bei dir, Noelle


Sie faltete den Zettel in der Mitte und ließ ihn auf den Nachtisch liegen. Dort würde er ihn sofort finden. Rasch legte sie noch einen Zauber auf ihn, sodass nur Mo die Nachricht würde lesen können.
Da spürte sie es. Sie kamen näher.  Es würde nicht mehr lange dauern, bis sie hier waren.  Sie richtete sich auf, wischte die Tränen weg und atmete tief durch. Sie streichelte mit der Fingerspitze über seine Wange und wusste, dass es die letzte Berührung zwischen ihnen beiden sein würde.
Lautlos schritt sie zur gegenüber liegenden Wand und öffnete leise das Fenster.
Sie spürte es. Sie waren nicht mehr fern.  Hastig, jedoch noch immer lautlos, stellte sie sich auf das Fensterbrett. Atmete gleichmäßig ein und aus. Sie durfte keine Panik bekommen. Musste Mo wegen schnell und stark sein, müsste die Wächter von ihm wegbringen, so weit es ging.
Sie waren fast angekommen. Einen letzten Blick auf Mo werfend, breitete sie die Arme aus und sprang kopfüber in die Tiefe.
Sie fiel nur eine Sekunde lang und machte ein Looping, sodass sienachher aufrecht in der Luft schwebte.
Der Wind riss an ihrem Umhang und sie war froh, dass sie kurze Haare hatte.
Dort. Sie kamen. Nach wenigen Sekunden hatten die Wächter sie entdeckt. Mit rasender Geschwindigkeit kamen sie nun näher.
Sie atmete noch ein Mal tief ein, drehte sich um und flog davon. Ihren Umhang hinter sich in der Luft flatternd.
Sie flog in die Dunkelheit, fort von dem Mensch, den sie liebte.
Sie floh. Noelle, eine Lufttänzerin.