Montag, 11. Juni 2012

First..


„Na toll“, stöhnte ich als ich die lange Schlange vor der  Musik und Schauspiel Akademie sah.  Ich hätte nicht erwartet, dass es so viele sein würden.
Heute war der große Tag. All diejenigen die beim Casting sehr gut abgeschnitten hatten, hatten eine Zusage für ein Lehrjahr bekommen. In diesem Jahr durften wir unsere schauspielerischen und musikalischen Talente aufpeppen und verbessern. 
Und was das besondere an dieser Akademie war? Sie hatten wirkliche Talente hervor gebracht, die nun zu den Stars der Welt zählten.
Hier hatte man Verbindungen zu Regisseuren und Managern jeglicher Art die auf der Suche nach unentdeckten Talenten waren.
Und ich, Alix Jordans, hatte die Chance bekommen eines dieser Talente werden zu können.
Ich wippte auf meinen Fußballen vor Aufregung  auf und ab und versuchte mich daran zu hindern ungeduldig an den anderen vorbei zu stürmen um endlich in das Gebäude hinein zu gelangen.
„In der Ruhe liegt die Kraft“ würde meine Großmutter jetzt sagen. Bloß konnte mir die Ruhe mal gewaltig den Puckel runterrutschen wenn das hier noch lange dauern würde.
Ich hoffte bloß, dass es wenigstens nicht anfing zu regnen während ich hier draußen stand.
Um mich abzulenken betrachtete ich die Menschen um mich herum.  Sie wirkten ebenso aufgeregt wie ich und redeten wild durcheinander. Einige hatten schon kleine Gruppen gebildet, aber die meisten standen wie ich alleine rum und warteten darauf, dass sie hinein konnten.
Freunde würde ich schon früh genug finden. Spätestens wenn ich in meiner neuen Klasse sein würde.
Direkt vor mir in der Reihe stand eine kleine Gruppe von drei Mädchen die etwa so alt wie ich- also 18- waren. Sie waren alle sehr hübsch. Sahen eigentlich aus wie Models, aber sie verhielten sich wie Teenager. Kreischten rum wegen irgendetwas. Oder besser gesagt, wegen irgendwem.
„Leute! Ich glaub‘ s nicht! David Jenson! Hier an unserer Akademie! Oh mein Gott, ich fass es nicht! Das ist so unglaublich!“
Ich verdrehte die Augen. War wahrscheinlich irgendein Typ den sie aus der High School kannten.
Eine Brünette meldete sich nun zu Wort,  sie war bildschön und auch nicht so aufgedreht wie die anderen über die Information. „Ich meine, was will er hier? Er ist doch schon ein großartiger Schauspieler und hatte auch schon eine super Rolle mit der er bekannt geworden ist.“ Nun hob sie spöttisch eine Augenbraue und fügte hinzu „Vielleicht sucht er ja ein Mädchen. Also ich werde mal sehen was sich machen lässt. Er ist ja sowas von heiß und ich würde ihn definitiv nicht von meiner Bettkante stoßen.“ Die anderen fingen an zu kichern. Ohne Zweifel war dies ihre Anführerin.
Aber sie hatten mich neugierig gemacht. Ein Schauspieler nahm auch am Unterricht hier teil? Wie war sein Name noch gleich? David Jenson. Sagte mir nichts, also konnte er nicht allzu bekannt sein.
Nun ja, mir sollte es doch egal sein. Ich würde eh nicht mit ihm in eine Klasse kommen, er war wahrscheinlich 40 Jahre alt.
Ich holte meinen iPod aus der Jackentasche und wartete bis ich endlich an die Reihe kam um mich endlich einzuschreiben zu dürfen.
Endlich, nach unglaublich langer Zeit des Wartens, war ich an der Reihe und bekam einen Haufen Blätter in die Hand gedrückt unter denen sich ein Plan des Gebäudes und mein Stundenplan befanden. Gott sei Dank- denn ich hatte den Orientierungssinn einer Bratpfanne und ich war ziemlich spät dran. Mir blieben exakt drei Minuten um meinen Raum zu finden.
Ich versuchte gerade meinen Stundenplan und den Gebäudeplan aus dem Blattgewirr heraus zu fischen als mich jemand von hinten anrempelte.
Meine ganze Blättersammlung viel zu Boden und ich drehte mich wütend um, bereit denjenigen zusammen zu stauchen. „Hast du keine Augen im Kopf oder was?!“, fauchte ich. „Wegen dir komm ich jetzt zu spät!“
Mir gegenüber stand eine Person, ich nahm an, dass es sich um einen Jungen handelte, da Mädchen üblicherweise keine so breiten Schultern hatten.  Eine Kapuze verdeckte sein Gesicht, sodass ich es nicht mit Sicherheit sagen konnte. Als er jedoch sprach konnte man deutlich erkennen, dass es sich um einen Jungen, wenn nicht sogar um einen Mann handelte.
„Tut mir Leid. Warte ich helfe dir“, erwiderte er. Seine Stimme war voll, warm und nicht zu tief.
Ich drehte mich wieder um, er ging um mich herum und gemeinsam hoben wir meine Blätter auf.
Sein Blick war anscheinend auf meinen Stundenplan gefallen, denn er sagte, dass wir in derselben Klasse seien.
Na toll, dachte ich, da habe ich direkt einen guten Eindruck hinterlassen. „Tut mir Leid, dass ich so unfreundlich war. Ich stand schon ne ganze Weile draußen und habe gewartet. Ich bin mit den Nerven ziemlich am Ende“, entschuldigte ich mich.
Er reichte mir meine übrigen Blätter. „Schon okey“, sagte er. „Lass uns lieber gehen,ich bezweifle, dass unser Lehrer sich freuen wird,  wenn wir schon am ersten Tag zu spät kommen.“
„Nun“, erwiderte ich, „Wenn du weißt wo wir hinmüssen.“
Er lachte leise. „So in etwa.“
Gemeinsam gingen wir los. Ich fragte mich was er wohl hinter seiner Kapuze zu verstecken hatte und wie er damit überhaupt sehen konnte wo er hin lief.
 Es war an der Zeit mich vorzustellen.
„Ich bin übrigens Alix“, sagte ich mit einem schüchternen Lächeln. Ich hasste Small Talk.
„Ein außergewöhnlicher Name. Ich heiße..“, seinen Namen verstand ich nicht, da in diesem Moment ein Gong ertönte. „Hiermit sind wir offiziell zu spät“, sagte er und ich glaubte ein Grinsen heraus zu hören. Er legte einen Schritt zu. Bis zu unserem Klassenraum war es zum Glück nicht mehr weit wie ich auf dem Plan erkennen konnte.
Vor der Tür blieben wir stehen, atmeten noch einmal tief durch. Ich klopfte an und öffnete die Tür.
Unser Lehrer, falsch, unsere Lehrerin war schon da und warf uns einen nicht gerade freundlichen Blick zu. Und die anderen Schüler beobachteten uns neugierig. Das fing ja toll an. „Hi. Entschuldigen Sie die Verspätung, aber wir haben den Raum nicht gefunden“, entschuldigte ich mich und den Unbekannten.
„Namen?“, fragte die Lehrerin forsch. ‚
„Alix Brendon“, antwortete ich. Die Lehrerin nickte knapp und ließ ihren Blick zu dem Jungen wandern. Dieser nuschelte etwas.
 „Wie bitte? Etwas deutlicher wenn ich bitten darf? Und nehmen sie während des Unterrichtes bitte die Kapuze ab.“
„David Jenson“, sagte er nun laut und deutlich hörbar. Plötzlich war es vollkommen still im Raum, doch das hielt nur einen Atemzug an. Danach murmelten alle durcheinander und es entstand eine gewaltige Unruhe, die ich sonst nur kannte wenn der Lehrer sich nicht im Raum befand.
Doch dann machte es auch bei mir „klick“. Das hier, der Junge, er war der Star von dem die Mädchen eben gesprochen hatten. Neugierig blickte ich ihn nun an.
Langsam schob er seine Kapuze vom Kopf was wieder diese seltsame Stille beförderte. Dann seufzten –wahrscheinlich alle Mädchen im Kurs, kollektiv auf.
Und auch mir stockte kurz der Atem. Er sah gut aus. Und diese Formulierung war eigentlich schon eine Beleidigung. Er war schön. Er hatte dunkelbraune Haare, die gewollt durcheinander aussahen.
Hohe Wangenknochen und eine gerade Nase verliehen ihm etwas aristokratisches, was durch seine feinen Gesichtszüge unterstützt wurde.
Seine Haut war leicht gebräunt, was seine Augen noch deutlicher hervorstechen ließ.
Sie hatten eine leuchtend, dunkelblaue Farbe. Die Farbe des Meeres.
Als er mir kurz den Kopf zu wandte schimmerten sie kurz silbrig auf.
Mein erster Gedanke war „Oh mein Gott!“
 Mein zweiter galt mir selber. Ich hoffte, dass ich ihn nicht mit offenem Mund anstarrte.
Sein Blick schweifte kurz durch den Klassenraum und heftete sich dann wieder auf die Lehrerin.
Sie sah ihn ebenfalls mit großen Augen an und stotterte dann „Nehmen Sie bitte Platz.“
Anscheinend war sie genauso überwältigt wie der Rest von uns.
Lässig ging er durch die Reihen, alle Blicke folgten ihm, und nahm in der letzten Reihe Platz.
Da neben ihm der einzig freie Platz war steuerte ich darauf zu. Jedoch sprang ein Mädchen – das braunhaarige Model das in der Reihe vor mir gestanden hatte ( wer sonst?) auf, schnappte ihre Sachen und pflanzte sich neben ihm.
Grimmig setze ich mich auf den Platz den sie vorher besetzt hatte und der sich in der zweiten Reihe befand. Nur mit Mühe konnte ich das Bedürfnis unterdrücken mich umzudrehen und ihn, wie alle anderen es auch taten, anzugaffen.
Nachdem sich unsere Lehrerin, die sich als Mrs. Spencer vorgestellt hatte, wieder unter Kontrolle hatte leierte sie uns den Rest der Stunde die Regeln des Hauses hinunter und erklärte uns was sie von uns erwartete.
Niemand hörte ihr zu. Alle Gedanken waren bei unserem Mitschüler David.
Ich seufzte leise als mir der Gedanke kam,  dass meine Hoffnung auf eine Freundschaft mit ihm schwindend gering, wenn nicht gar unmöglich war.